Handwerk und räumliches Verstehen ab dem 9. Lebensjahr

In den letzten zwei Wochen haben sich die Kinder meiner dritten Klasse mit dem Bau von Nistkästen beschäftigt. Jeweils vor und nach dem Unterricht, in einigen Üb- und Vertretungsstunden waren wir am Sägen, Nageln und Schrauben.

Kurz vor den Osterferien regte ich die Kinder zum ersten Mal zum räumlichen Zeichnen an. Ich zeichnete einen Vogel-Kasten an die Tafel. Einige Kinder versuchten das und es gelang sofort. Nun durften jeden Tag ein paar Kinder ebenfalls Nistkästen in Schräg-Ansicht an die Tafel zeichnen.

Alle übrigen Kinder schauten jeweils gebannt zu und wollten es auch unbedingt können. Ich war sehr gespannt, wie die Kinder darauf eingehen würden. Es zeigte sich wieder: es war mit dem Anregen räumlichen Denkens nicht zu früh! Die Kinder waren – bis auf zwei Ausnahmen – sofort in der Lage, das räumliche Zeichnen zu begreifen. Manche Kinder schauten dabei noch auf die Kästen, die schon an die Tafel gezeichnet worden waren. Andere zeichneten ganz aus ihrer inneren Vorstellung. Jede Zeichnung wurde anders. Aber alle waren aus einem räumlichen Vorstellen entstanden. (siehe Foto der Tafelzeichnungen)

Nistkasten 3D

Nistkasten 2D

Ich kam zunächst nicht dazu, das Material für das Bauen zu besorgen. Würde das nicht sehr spät, zu spät für die Vögel! – dachte ich. Ich besorgte das Material in den Osterferien. Nachdem wir nach den Ferien in die Rechenepoche hineingefunden hatten, machten wir uns konkret Gedanken über den Nistkasten-Bau und fingen an zu sägen und zu nageln. (siehe Plan aus dem Internet und dessen Anpassung an unsere Situation)

 Nistksten 3. Klasse Seite 1

Nistkasten 3. Klasse Seite 2

Nistkasten aus dem Internet von Rudi Rösch

Es war sehr schön zu beobachten, wie schnell viele Kinder lernten mit dem Zollstock umzugehen, an zu zeichnen und zu zu sägen. Bald begannen sich die Kinder gegenseitig zu helfen. Auch das Nageln zu beobachten war eine Freude. Manche konnten es sehr schnell, andere lernten es über viele Tage hinweg und waren stolz darauf, es geschafft zu haben.

Kinder beim Arbeiten

Nachdem die Kinder morgens z.T. sehr früh gekommen oder mittags spät gegangen waren, fielen auch die Ergebnisse sehr verschieden aus. Manche wurden schon sehr bald fertig. Bei anderen zog sich das Bauen in die Länge. Ich setzte einige Schulstunden daran. Manche derer, die schon fertig waren, halfen sehr gern anderen Kindern, andere langweilten sich ein wenig. Trotz des späten Termins Mitte April kamen bereits die ersten Vogel-Geschichten der Kästen, die die Kinder zu Hause aufgehängt hatten, im Unterricht an.

Zuletzt stand noch ein fertiger Kasten in der Klasse, den zwei Kinder zusammen gebaut hatten. Die beiden konnten sich nun nicht entschließen, wer den Kasten mitnehmen sollte. Sie einigten sich darauf, dass er in den Schulgarten kommen solle. Nachdem er nach einigen Tagen immer noch im Klassenraum stand, fragte ich nochmal nach. Da erfuhr ich, dass der Wunsch eigentlich war, dass der Nistkasten direkt vor dem Klassen-Fenster hinge. So kletterte ich am Nachmittag mit einer Leiter auf den dünnen Baum vor der Klasse und hängte den Nistkasten vor das Fenster.

Am nächsten Morgen riefen mich plötzlich viele Kinder zum Fenster. Es waren bereits zwei Blaumeisen am Ein- und Ausfliegen.

So war unsere Aktion in vieler Weise ein Erfolg. Wir haben Häuschen gebaut, diesmal nicht für uns, aber für die Vögel. Wir haben gemessen, gerechnet und gezählt. Es wurde gesägt und genagelt. Und inzwischen ist vielleicht allen Kindern vertraut, wie fein die Blaumeisen und wie viel lauter die Kohlmeisen singen. Und dass durch die kleinen Fluglöcher unserer Kästen die Kohlmeisen bereits kaum mehr durch passen.

Nistkastenbau

Nistkasten

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